Militärmusik Vorarlberg

Vom vielbeachteten jährlichen Galakonzert im Bregenzer Festspielhaus über die musikalische Untermalung der Wiedereröffnung der Neretva-Brücke in Mostar, bis hin zu Konzerten in Syrien meistert dieser Klangkörper jegliche an ihn gestellte Anforderung.

Aus der Geschichte

Das erste Mal wird das Auftreten einer Militärmusik im Ländle in einer Urkunde erwähnt, die vom 29. September 1834 datiert. Das 2. Bataillon des königlich-bayerischen 11. Regiments, welches als Sicherungstruppe zwei Jahre zuvor den Prinzen Otto von Bayern nach Griechenland eskortiert hatte, kehrte über Hohenweiler und Hörbranz-Oberhochsteg nach Lindau zurück. Dazu der Text (dem originalen Wortlaut entsprechend): "In Grund wurden sie von dem in Bregenz gelegenen General Wißiok samt der k.u.k. österreichischen Regimentsmusik von Baron Gollner empfangen und so bis Rickenbach bei Oberhochsteg begleitet." Der General kehrte danach gemeinsam mit der Musik wieder nach Bregenz zurück. Diese erwähnte Regimentsmusik des Barons Gollner stammte ursprünglich aus dem Salzburger Raum.

In der k.u.k.-Zeit gab es einen regen Austausch jener Regimenter, die ihren Dienst im Vorarlberger Raum versahen. Durch die Eigenheit, dass jedes Regiment seine eigene Musik mitbrachte, wechselten natürlich auch die Musiken im Lande recht häufig. Über die Stärke der einzelnen Militärmusiken gibt es keine konkreten Aufzeichnungen; sie dürfte sich aber im damals üblichen Rahmen, also zwischen 10 und 25 Mann bewegt haben.

Erst in der Ersten Republik besaß Vorarlberg seine eigene militärische Musikkapelle. Sie stand unter der musikalischen Leitung eines Karls von Thann und gehörte zum selbstständigen Alpenjägerbataillon Nr. 4. Die Angehörigen der damaligen Militärmusik mussten mindestens zwei Instrumente spielen können, eines davon sollte ein Streichinstrument sein. Somit existierten ein Blas- und ein Streichorchester, das je nach Anlass eingesetzt werden konnte. Bereits damals gab dieser Klangkörper, mit einer Gesamtstärke von etwa 30 Mann, nicht nur in Bregenz sondern auch im benachbarten Ausland Konzerte.

Nach den Wirren des Zweiten Weltkrieges und nach der Besatzungszeit wurde in Vorarlberg wieder eine eigene Militärmusik aufgestellt. 1959 übernahm der damalige Musikwachtmeister Josef Kohsich als Kapellmeister die neu zusammengestellte Musik. Er übergab diese Anfang 1960 an Militärkapellmeister Prof. Franz Reiter, der dem Orchester bis Mitte 1973 vorstand. Nach einer Übergangszeit von drei Jahren übernahm im Juli 1976 der Oberösterreicher Eduard Stallinger die musikalische Leitung. Stallinger wurde auf eigenen Wunsch im Mai 1979 in seine Heimat Oberösterreich versetzt. Die Militärmusik Vorarlberg bekam als neuen musikalischen Leiter den aus Tirol stammenden Kapellmeister Erich Hendl. Er wurde zum längst dienenden Militärkapellmeister Vorarlbergs. In seiner über zwanzig Jahre dauernden Dienstzeit verbuchte die Militärmusik Vorarlberg ihre wohl größten Erfolge, speziell bei Auftritten im Ausland. Eine eigens für diesen Klangkörper zugeschnittene Show begeisterte eine Vielzahl von Zuhörern und Zusehern in Belgien, Deutschland, Italien, der Schweiz und sogar in Syrien. Hendl führte auch das jährliche Galakonzert im Festspielhaus in Bregenz ein, das wohl zum musikalischen Höhepunkt eines jeden Musikers in seinem Militärmusikerleben gezählt werden darf.

Nach der Pensionierung von Prof. Hendl übernahm für kurze Zeit der Salzburger Ernst Herzog die Leitung der westlichsten Militärmusik des Bundesgebietes. Im Jänner 2001 wurde der gebürtige Tiroler Karl Gamper zum Kapellmeister bestellt. Bis zu seinem tragischen Ableben 2008 blieb er in dieser Funktion sehr erfolgreich tätig. Von September 2008 bis März 2010 wurde die Militärmusik Vorarlberg interimistisch vom Tiroler Militärkapellmeister Hannes Apfolterer mit betreut. Seit April 2010 liegt die Leitung in den Händen des gebürtigen Vorarlbergers Wolfram Öller. 

 

Zusammenstellung der Militärmusik Vorarlberg

Die Militärmusik Vorarlberg verfügt nur über wenige Kadermusiker. Lediglich vier Unteroffiziere sind hauptberuflich in der Militärmusik tätig und unterstützen den einzigen Offizier in der Organisation des täglichen Dienstbetriebes. Die Gesamtstärke ist zurzeit auf 47 Musiker beschränkt, sodass jährlich bis zu 40 junge Musiker des Landes die Gelegenheit bekommen, ihr Können auf dem jeweiligen Instrument zu festigen oder sogar die Basis für eine künftige Karriere als Berufsmusiker zu legen. Die Musikausbildungsstätten des Landes (17 Musikschulen und ein Landeskonservatorium) bilden die professionelle Ergänzung und Erweiterung dieser Ausbildung.

Die Möglichkeit, sich für mehrere Jahre zu verpflichten, nützen einige der Musiker immer wieder gerne. Sie bilden zusammen mit den Musik-Unteroffizieren das musikalische Gerüst der Kapelle und sorgen für eine solide musikalische Arbeit mit den jährlich neu einrückenden Rekruten.

 

Auftritte

Die Militärmusik Vorarlberg absolviert jährlich 120 bis 130 Auftritte in der Öffentlichkeit. Verschiedenste Formationen zeugen dabei von der Flexibilität dieser Einrichtung; vom klassischen Blechbläserquintett über eine Jazz-Combo, der Kleinen Harmonie (Blasmusikbesetzung mit 20 Musikern für böhmische und Egerländer Unterhaltungsmusik, Frühschoppen und Abendunterhaltungen; Anm.) bis hin zum großen Orchester sind, je nach Anforderung, viele Varianten möglich. Sogar mit einem speziellen Schlagzeugensemble oder einem Klarinetten-Quartett können die uniformierten Musiker aufwarten.

Einer der Höhepunkte im musikalischen Jahresablauf ist das alljährlich im Mai stattfindende Galakonzert im Festspiel- und Kongresshaus der Landeshauptstadt Bregenz. Bei diesem Konzert lädt das Militärkommando Vorarlberg jeweils eine Gastkapelle ein, mit der gemeinsam der Konzertabend gestaltet wird. Neben Militärmusiken aus den anderen Bundesländern Österreichs (z. B. aus Tirol, Salzburg, Kärnten) waren unter anderem

in Bregenz zu Gast.

Bereits zum fünften Mal gastierten die Musiker aus Vorarlberg bei den Promenadenkonzerten in der Innsbrucker Hofburg. Bei dieser speziellen Konzertreihe mit Festival-Charakter wird vorwiegend Alte Musik gespielt. Hauptsächlich kommen dabei Stücke aus der Zeit der Monarchie zur Aufführung, eine Musikrichtung, die Dank dieser Konzertreihe wieder zu neuen Ehren kommt.

Seither findet diese Art von Musik wieder wesentlich mehr Eingang in die Konzertprogramme der heimischen Blasmusikvereine.

Bereits zweimal (2004 und 2007) wurde die Militärmusik Vorarlberg eingeladen, die musikalische Umrahmung der internationalen Soldatenwallfahrt in Lourdes zu übernehmen. Eine intensive, jedoch auch erfüllende Aufgabe, sind doch zahlreiche Auftritte bei verschiedenen Andachten sowie bei weltlichen Platzkonzerten zu absolvieren.

Ein besonderer Auftritt führte die Militärmusik Vorarlberg im Juli 2004 nach Mostar in Bosnien und Herzegowina. Die zerstörte Brücke über den Fluss Neretva wurde mit alten Baumethoden nach den originalen Plänen wieder errichtet. Die Eröffnung dieser neu erbauten "Alten Brücke" wurde mit einem dreistündigen Festakt - bei 43°C - gefeiert. Zum krönenden Abschluss des Festaktes marschierte die Militärmusik Vorarlberg in voller Uniform mit klingendem Spiel über die neu errichtete Brücke.

Eine von Professor Erich Hendl initiierte Show führte die Militärmusik Vorarlberg immer wieder ins Ausland und nach wie vor gelingt es ihr, selbst große Hallen und Stadien zu füllen. So gab es zum Beispiel aufsehenerregende Konzerte

Ausbildungsstätte Militärmusik

Alle zur Militärmusik einrückenden Rekruten bekommen die Gelegenheit, ihr bisheriges Hobby intensiv auszuüben. Viele von ihnen stellen nach Beendigung der Dienstzeit ihr Wissen und Können den örtlichen Musikvereinen zur Verfügung. Als Beiräte, Jugendkapellmeister, Kapellmeister oder Registerleiter (Leiter einer Instrumenteneinheit bzw. einer Stimmlage; Anm.) geben sie das weiter, was sie selbst in den 14 Monaten Militärmusikdienst erlernt haben. Einige ergreifen die Gelegenheit ihr bisheriges Hobby, die Musik, zum Beruf zu machen, und unterziehen sich der Ausbildung zum Musikschullehrer oder zum Orchestermusiker. Einzelne schaffen es, die in der Dienstzeit erworbenen Kenntnisse als Sprungbrett für eine weiterführende Musikerkarriere sowohl im Inland als auch im Ausland zu nutzen.

Frauen bei der Militärmusik

Seit etwa drei Jahren ist die Leitung der Militärmusik Vorarlberg sehr darum bemüht, auch Frauen für den Musikdienst im Heer zu begeistern. Dazu werden zweimal im Jahr so genannte Schnuppertage abgehalten, bei denen sich meist zehn interessierte junge Frauen und Mädchen melden, die dann einen ganzen Tagesablauf bei der Militärmusik mitmachen. Sie fassen am frühen Morgen einen kompletten Dienstanzug aus, machen bei allen Orchesterproben, Register- und Exerzierproben mit, werden in der Kaserne verpflegt und bekommen eine eingehende Information über die Laufbahn beim Heer im Allgemeinen und den Musikdienst im Besonderen. Gegen Ende des Tages gibt es dann noch ein Feed-back-Gespräch und anschließend werden die Damen wieder ins Zivilleben entlassen.

Diese Schnuppertage erfreuen sich recht großer Beliebtheit, und es ist zu hoffen, dass sich in Zukunft mehr Damen zum Eintritt ins Bundesheer und zum Dienst in der Militärmusik entschließen können.


Autor: Major Karl Gamper, Jahrgang 1956. Studium am Konservatorium der Stadt Innsbruck, am Richard Strauss Konservatorium in München und an der Musikhochschule in Detmold (Fachrichtung Schlagzeug). Dirigierausbildung am Konservatorium in Innsbruck und an der Musikhochschule in Graz; danach Ausbildung zum Musikunteroffizier. 1985 bis 1988 Ausbildung zum Militärkapellmeister. 1988 bis 2000 Musikschuldirektor der Musikschule Bregenzerwald, Vorarlberg; in dieser Zeit Bearbeitung und Aufführung großer Bühnenwerke (z. B. Jesus Christ Superstar, Miss Saigon, Hänsel und Gretel, Peter und der Wolf, die Weihnachtsgeschichte von Carl Orff). Schwergewichte seiner Tätigkeit liegen in der Vermittlung musikalischer Inhalte und der Pflege der spätromantischen Orchestermusik. Seit Jänner 2001 Leiter der Militärmusik Vorarlberg.

 

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